Es war einmal … so wird es in den Wissenern Geschichtsbüchern stehen. Es war einmal eine eigen betriebene Postfiliale in Wissen. Dazu ein kleiner geschichtlicher Rückblick auf das Postwesens in Wissen.
Im Jahre 1735 wird von der Einrichtung einer kaiserlichen, von Thurn und Taxis betriebenen, Posthalterei in Wissen gesprochen. Eine genaue Datierung, wann das Postwesen in Wissen begann, ist nicht mehr festzustellen. Durch Kriegswirren und den großen Brand von 1788 sind wohl viele Unterlagen abhandengekommen. Dennoch, den Nachweis einer Posthalterei bestätigen Schriftstücke der Familie Clostermann, datiert vom 7. Juni 1748. Als die ersten Postexpediteure in der Siegstadt werden ein Johann Busch, Anton Clostermann, Franz Wilhelm Clostermann und Karl Anton Clostermann genannt. Aus alten überlieferten Erzählungen ist bekannt, dass die Familie Clostermann über 20 Pferde und mehrere Postillone unterhielt. Die Posthalterei befand sich damals in der Hauptstraße/Ecke Mittelstraße (heute Marktstraße/Ecke Mittelstraße), im Hofraum der Gastwirtschaft und Metzgerei August Lang.
Der Postbetrieb wurde 1863 in die Bahnhofstraße in ein Hintergebäude des Wohnhauses der Familie Clostermannn verlegt. Die Posthaltereigeschäfte blieben zunächst noch am alten Platz in der Hauptstraße. Durch die Inbetriebnahme der Bahnstrecke Köln–Betzdorf erfolgte verstärkt die Versendung der Post mit der Eisenbahn. Am 9. Januar 1861 fuhr von Wissen aus das letzte mal eine Postkutsche, laut Wissener Heimatbuch. Der Postverkehr wurde immer mehr und auch der Fernsprech- und Telegrafenbetrieb breitete sich in Windeseilen aus, sodass das Hinterhaus der Clostermanns für den wachsenden Betrieb zu klein geworden war. Gegenüber dem Bahnhof hatte der Bauunternehmer Severin Koenemund ein Haus eigens für den Postbetrieb gebaut und vermietete dies an die Postverwaltung. Am 1. Oktober 1884 begann der Dienst in den neu gestalteten Räumen bis 1930. Durch die Neueinrichtung eines Selbstanschluss-(Fernsprech-)Wähleramtes erwiesen sich die Räume als nicht mehr zweckmäßig. Notgedrungen musste wieder eine neue „Adresse“ gefunden werden.
Der Westflügel des Fabrikgebäudes des Bauunternehmers Otto Dreisbach „Am Biesem“ wurde von der Reichspostverwaltung angemietet. Der Postbetrieb ist am 1. Mai 1930, samt Fernsprechdienst mit dem notwendigen Wähleramt, aufgenommen worden. Durch die Bombardierung während des Zweiten Weltkriegs musste der Postdienst im Ausweichquartier des Kleinkaliber-Schützenvereins in der Brückhöfe erledigt werden. Im März 1945 kam der Postverkehr völlig zum Erliegen, da es keinerlei durchgängige, intakte Verkehrswege mehr gab.
Nach dem Krieg wurde als Notpostamt der Ladenraum des Kaufmanns Theobald Müller angemietet. Nur schleppend kam der Postbetrieb in den nächsten Jahren wieder in normale Bahnen. Erst 1951, durch Kauf des Hauses der Geschwister Krämer auf der Rathausstraße, konnte die Abwicklung des Postbetriebes etwas verbessert werden. Im Dezember 1955 wird dann das neue Postgebäude in der Ortsmitte mit Zustellräumen, Verwaltungstrakt und Schaltertrakt in Betrieb genommen. Nach jahrelangem Behelf erfolgte der Schalterdienst an zeitgemäßen Arbeitsplätzen. Aus den hohen Schaltertheken wurde 1976 eine geschlossene Schalterverglasung. Im Rahmen der Postumstrukturierung sollte eigentlich die Post in Wissen in eine Mc Paper Filiale umgewandelt werden. Dies blieb der Postfiliale erspart und von Oktober bis Dezember 1999 wurde sie in eine moderne „Open Service Filiale“ mit zwei EPOS-Bedienplätzen (Compterbedienplätze) umgebaut. Bis zur Schließung wurden die Kunden in dem, auch für Behinderte und Rollstuhlfahrer, gut zugänglichen Schalterraum mit allen Dienstleistungen einer Postfiliale versorgt. Ein EC-Geldautomat und ein Wertzeichendrucker standen 24 Stunden gut zugänglich zur Verfügung. Ebenso die Postbank und ein Postshop-Angebot mit Büroartikeln.
Die Zustellstützpunkte Wissen und Hamm wurden 2008 zusammengelegt und haben ihr neues Domizil in einer Halle der Spedition Brucherseifer in der Walzwerkstraße.
Noch im Januar 2009 erhielt die eigen betriebene Postfiliale in Wissen die Auszeichnung „First Choice Quality Award Filiale 2008“. Auf der Urkunde ist weiter zu lesen: „Sie hat erfolgreich am Qualitäts-Award Filialen teilgenommen und wird hiermit ausgezeichnet.“
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Ära der Wissener eigen betriebenen Postfiliale und ihre Geschichte im März 2009 zu Ende war.
Quellen: Wissener Heimatbuch von 1951 und Privatarchiv Franz Josef Wagner.